Unters Strafgesetzbuch

Pornovideos auf Schülerhandys, so titelt der SPIEGEL Online, und fährt fort, “was sich bei einer Razzia in einer bayerischen Schule an Bildern und Videos auf beschlagnahmten Handys fand, fällt unter das Strafgesetzbuch.”

Um so besser, da sieht’s wenigstens keiner.

Nun ja, da führt die Polizei also eine Razzia an einer Hauptschule durch, beschlagnahmt 200 Handys – und findet auf immerhin 15 (7,5%) davon “Porno- und Gewaltvideos, Nazi-Propaganda” und sogar “Sodomiesequenzen”.

Das schockiert sogar altgediente Beamte, so der SPON weiter. Nun drohen den zwischen 14 und 18 Jahre alten Schülern “Strafverfahren wegen des Besitzes und der Verbreitung verbotener pornografischer und gewaltverherrlichender Inhalte”.

Interessant.

Meinem (zugegebenermaßen nicht durch ein Jurastudium fundierten) Verständnis nach ist der Besitz von gewaltverherrlichenden, pornografischen, ja sogar tier-pornografischen Inhalten nicht strafbar. Auch nicht für Minderjährige. Und wie man von “Video auf Handy” auf eine Verbreitung (die durchaus strafbar sein kann) schließen will, und dies vielleicht sogar beweisen, ist mir schleierhaft.

Was hat die Aktion also gebracht?

Die Polizei war beschäftigt, die bösen, bösen Hauptschüler haben hoffentlich ihre Lektion gelernt, und alle sind glücklich.

Moment mal.

Die Mutter eines Schülers findet auf dem Handy ihres Sprösslings tierverherrlichende Gewaltpornos – und geht natürlich zum Schulleiter. Und der sagt der Mutter “Erziehung ist ihre Aufgabe”? Nein, der ruft die Polizei auf den Plan. Sagt die Polizei “das ist keine Straftat”? Nein, da wird eine Razzia veranstaltet. Ist auch so wenig los sonst in Bayern, Law & Order und so.

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen – Mutter schiebt Verantwortung für pubertäres Verhalten ihres Kindes an Schule, die Pädagogen (oder die sich dafür halten) halten ihre Schutzbefohlenen ohne Weiteres für kriminell und rufen die Polizei, die Polizei stürmt das Gebäude (sonst ist es auch keine richtige Razzia) und beschlagnahmt wahllos Handys. Mit einer durchschlagenden Erfolgsquote: auf knapp 8% der Mobiltelefone werden die gesuchten – aber noch nicht einmal verbotenen – Inhalte gefunden. Und jetzt eröffnen wir mal schnell Strafverfahren gegen 15 Minderjährige, die wir dann aus Mangel an Beweisen (eben der Verbreitung) einstellen.

Gab es da nicht einmal so etwas wie “Anfangsverdacht” und “Verhältnismäßigkeit”?

8 Replies to “Unters Strafgesetzbuch”

  1. Ich bin auch mal unters Strafgesetzbuch gefallen. Hat weh getan. Bin aber wieder rausgekrabbelt. Musste es aber mit 600 Euroscheinen anheben. Auch SPON, heute.

  2. Boah, du übertreibst mal wieder maßlos ;D

    Zu einer Razzia gehört selbstverständlich keine Stürmung und die genannten Anzeigen beziehen sich maßgeblich auf den Abschnitt “Die Schüler hätten die Videos in der Pause und in der Umgebung der Schule ausgetauscht.” – Das ist natürlich strafbar und in begrenztem Maße bestimmt auch nachweisbar.

    Naja, wenn Spiegel Online mal vernünftige Artikel schreiben würde, könnt man sich auch solche Kritiken sparen…

  3. Die Ironie um “stürmt” (nicht “Stürmung”) ist dir entgangen 😉 Eine Razzia soll aber zumindest überraschend sein, und in einem Klassenzimmer überraschend aufzutauchen, nun ja. Man muss wohl nicht durch irgendwelche Fenster springen, oder wahllos in die Gegend schießen – gut, keine richtige Stürmung also.

    Weiter: “Sollen getauscht haben” ist nichts, was vor Gericht Bestand hätte. Bestenfalls sagen die Mitschüler gegeneinander aus, vergiften das Klima zwischen sich, die vielleicht noch einige Jahre miteinander auskommen können, und dann steht Aussage gegen Aussage. Und was bringts?

    Ach ja – SPON kann eher wenig für den Artikel – die Meldung wurde ohne große Änderung von der dpa übernommen – vergleiche auch den FOCUS-Online-Artikel zum selben Thema.

  4. Man muss ja auch nicht gleich alles von der dpa übernehmen ;x

  5. Aber wem soll man denn vertrauen, wenn man schon nicht mehr der dpa vertrauen kann? Ist die Welt denn schon so schlecht?

  6. die welt ist schlecht.

    und von wegen tierpornos aufm handy: du bist deutschland oder so? 😉

  7. Was hat Deutschland mit Tierpornos auf dem Handy zu tun? Auch in Deutschland ist der Besitz legal, nur die Verbreitung nicht – und dafür muss man erst mal Beweise finden.

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