Das Web ist tot. Das Web lebt. Das Netz verrottet und stinkt schon. Schnittstellen haben nichts mit Messern zu tun. Und Inhalt hat keine Zukunft.
Damals habe ich mich gefreut, als flickr seine Machine Tags ankündigte. Ich habe meine Konzertfotos brav mit @lastfm:event=id getaggt und mich gefreut, dass sie so magischerweise direkt auf den zugehörigen Seiten bei last.fm auftauchten, einfach so durch Interoperabilität und Strukturen.
An das XFN erinnert sich vielleicht noch jemand. Damit konnte ich auf meiner eigenen Webseite, einfach durch bestimmte Werte im rel-Attribut eines Links, einen Social Graph aufspannen. Quasi Freundeslisten, ganz ohne Facebook. Oder Diaspora. Oder irgendwas, was auf jemand anderes Webserver läuft. Nur mit ein wenig Shell Scripting konnte ich mir meinen Social Graph visualisieren, analysieren, slicen und dicen nach gusto. Keine Diskussion über Terms of Service, über robots.txt und Leistungsschutzrecht, über Netzneutralität und bevorzugte Behandlung, es gab nur Daten und Zugänge. Man war entweder im Internet oder nicht.
Noch vor ein paar Monaten habe ich mit Nils diskutiert, über Feeds und Atom und offene Standards und Interoperabilität und Principle of Least Power und Single Responsibility und viele andere Dinge mehr. Spätestens der Sturm im Wasserglas um Instagram dürfte klar gemacht haben, dass Leute wie Nils recht haben.
Meine Daten gehören mir. Meine Daten gehören auf meinen Server. Meine Daten sollen in dokumentierten oder gar standardisierten Formaten maschinenlesbar verarbeitbar sein, ohne dass Menschen sich durch API-Hoops, OAuth-Grütze, und Rate Limits schlagen müssen. Ohne Privacy-Einstellungen, dafür mit permanenten URLs, einem Verständnis, was “Veröffentlichung” bedeutet, Medienkompetenz, und Umgang mit sowie Diskussion von Inhalten. Was ich ins Netz stelle, ist öffentlich, außer ich schütze es.
Wir lebten beinahe schon in der Zukunft – bevor wir sie auf dem Altar der Bequemlichkeit geopfert haben. Wir als Nutzer haben die mögliche Zukunft aufgegeben; wir als Entwickler haben die Zukunft nicht einfach genug gemacht. Wir alle haben versagt.
Es ist noch nicht zu spät für eine neue Utopie.
(Dieser Eintrag lag seit dem 29. Dezember in meinen Drafts herum und wurde nun endlich, mit kleinen Änderungen, veröffentlicht. Entschuldigt die Verspätung.)