Erfahrungsbericht unu Scooter – Teil 4: Probleme über Probleme

Im dritten Teil lieferte unu mit deutlich über einem Jahr Verspätung endlich einen Roller, der allerdings fast keine der Versprechen der letzten zwei Jahre einlöste: Nicht besonders smart, nur begrenzt hochwertig, und mit enttäuschend wenigen Komfort-Features. Aber immerhin: Die Rollersaison 2021 kann kommen – diesmal endlich mit einem E-Roller!

Es ist März 2021, ich habe den Roller seit knapp vier Wochen und darf ihn seit zweieinhalb davon auch fahren. Da Post-Lockdown noch nicht besonders viel los ist, sind die ersten Fahrten eher kurz. Erst Ende März unternehme ich die erste längere Fahrt, es geht zu einem mehrtägigen Arbeits-Event in Berlin.

Da unu im Manual des Scooters darauf hinweist, dass die Akkus einen Ladestand um die 80% lieber mögen als immer voll geladen zu werden, habe ich den Akku am Vorabend im Roller gelassen. Am Morgen geht es dann mit etwa 65% Akku los, die Fahrt soll unter 7km pro Weg sein, also kein Problem — denke ich. Bis auf der zweispurigen und recht viel befahrenen Sonnenallee plötzlich der Roller ausgeht.

Um genauer zu sein läuft der Roller weiter, aber die Beschleunigung setzt unvermittelt aus. Kein großer Spaß im fließenden Verkehr – ich blinke und fahre an den rechten Rand des Fahrstreifens, weiter geht nicht, weil natürlich alles komplett dicht beparkt ist. Auf dem Display erscheint “Electrical issue – please stop driving”. Ich bin meinem Ziel zum Glück schon recht nah und plane, den Roller abzustellen und den Rest zu Fuß zu gehen und mich dabei um Service zu kümmern, drehe aber aus Gewohnheit beim um die Ecke rollen ein wenig am Gasgriff – und der Scooter beschleunigt ebenso unvermittelt wie er vorher ausgesetzt hatte. Die letzten 200m zum Ziel lege ich eher abgehackt und unbequem zurück, immer zwischen “Electrical issue” und “Hups”. Kaum angekommen, melde ich das Problem über das Service-Formular an unu, eine direkte Kontaktmöglichkeit konnte ich nicht finden und das Manual hatte ich nicht greifbar. Wenige Stunden später erreicht mich mitten in einem Workshop der Rückruf – nach Problembeschreibung ist die Ratlosigkeit groß, das sei so noch nicht vorgekommen, am besten solle ich den Roller nicht mehr fahren, man würde sich bald nochmal melden.

Ich versuche es am Abend dennoch, und der Roller spielt ohne Murren mit. Ich schiebe es auf das Wetter – es war ein recht warmer Tag, der erste seit längerem, und der Roller inklusive Akku stand in der Sonne, vielleicht hatte sich die Elektronik einfach (zu) warm gefahren, gerade beim eher stückigen als fließenden Berliner Verkehr. Über Nacht lade ich den Akku voll.

Am nächsten Tag komme ich ohne Probleme zum Veranstaltungsort und zurück, das Problem tritt aber bald darauf erneut auf. unu kündigen an, dass ein Motorradtaxi den Scooter abholen und zur Fehlersuche ins unu-HQ ans Tempelhofer Ufer bringen soll. Das solle innerhalb einer Woche geschehen, so lange sollte ich bitte aus Sicherheitsgründen nicht damit fahren.

Zwei Wochen später, nach Nachfragen meinerseits, meldet sich dann endlich das Motorradtaxi. Der erste Termin passt für mich nicht, weil ich arbeiten muss. Der nächste Termin ist erst in der Folgewoche. Und so wird über drei Wochen nach Problemmeldung der Scooter am 21. April endlich abgeholt.

Danach passiert erst einmal sehr lange nichts. Meine Nachfragen verhallen meist, auf Anruf gibt es zumindest die Indikation, dass es noch nichts neues gibt, und dass das Problem auch nicht anderweitig bekannt sei – es sei bei noch niemand sonst aufgetreten. Man entschuldigt sich immerhin dafür, dass die Technik es sich noch nicht genauer ansehen konnte, weil viele Roller mit Problemen warteten. Ein schwacher Trost.

Nach fast vier Wochen und über 50€ in Scooter-Sharing werde ich schließlich ungeduldig. Ich setze unu eine Frist zur Mängelbeseitigung, anderenfalls ich vom Kauf zurücktreten werde. Das bringt Bewegung in die Sache – man bietet mir einen neuen Scooter an, den ich nur bei unu direkt abholen müsse. Ich wähle den frühest machbaren Termin dafür und fahre am 19. Mai mit dem Sharing-Scooter ans Tempelhofer Ufer.

Das unu “HQ” ist relativ leer, es ist ja immer noch Pandemie, nur Scooter stehen viele da. Vor der Tür, auf dem Gehweg, im Hof, auf LKWs. Manche sind schon versichert, ob als Showfahrzeuge, Mitarbeiterfahrzeuge, oder auf Reparatur wartend, weiß ich nicht. Ich melde mich an, fahre in den 4. Stock, beschreibe nochmal den Fehler, warte, warte weiter, fahre wieder ins Erdgeschoss und bekomme einen neuen, mattschwarzen, 4kW-unu Scooter präsentiert. Dieser sei quasi gerade erst vom Container gekommen. Tatsächlich sind weniger als 50 km auf dem Kilometerzähler – dafür schließt die Sitzbank nicht richtig. Mein Hinweis darauf wird mit Augenrollen beantwortet, die Sitzbank würde bei keinem Roller einfach ins Schloss fallen, und das würde ja auch niemand tun. Offenbar bin ich in jeglicher Hinsicht ein Ausnahmekunde – hatte zufällig einen Roller, bei dem die Sitzbank ohne Nachdrücken einrastet, und habe das auch genutzt. Das auszudiskutieren habe ich aber wenig Lust – nicht, wenn Besserung in greifbarer Nähe ist.

Nach etwas Hin und Her wegen Versicherung – mein Versicherungskennzeichen ist natürlich auf den alten Scooter gebunden und außerdem nicht da – vereinbaren wir, dass ich mit dem auf unu laufenden Kennzeichen nach Hause fahre, meiner Versicherung den Wechsel melde, und dann das Kennzeichen zurück schicke oder bringe. Schließlich geht es mit einem fast brandneuen Roller zurück nach Hause. Immerhin sind diesmal die Reifen ordentlich aufgepumpt, aber auch sonst rollert sich “der Neue” deutlich leichtgängiger, was ich als gutes Omen nehme. Auf dem Heimweg regnet es dafür ein bisschen.

Auch danach ist das Wetter eher mäßig, die Arbeit beschäftigt mich, es ist wenig Gelegenheit für Rollerfahrten neben der Fahrt zum Büro, das ich einrichte. Erst zehn Tage später gibt es eine längere Fahrt, bei immer noch mäßigem Wetter, und – nicht mehr ganz überraschend – der Roller geht, natürlich wieder kurz vor Erreichen des Ziels, auf einer zweispurigen Straße, aus.

Ich schleppe mich und den Roller zum Restaurant, bei dem ich vor einigen Minuten meine Vorbestellung hätte abholen sollen. Aus dem ersten Mal habe ich gelernt: Wenn ich extrem vorsichtig und sachte beschleunige, schafft der Roller auch die Höchstgeschwindigkeit. So mühe ich mich wieder nach Hause, es ist eine Übung in Geduld und Frustration. Das Essen schafft es zum Glück unbeschadet, und auch ich werde nur einmal angehupt, aber nicht mehr von unaufmerksamen Autofahrenden gefährdet als sonst auch.

Die Antwort von unu dauert wieder. Es gibt auch ein Problem mit irgendeinem Mailserver, es ist unklar, ob es an meinem oder ihrem liegt, irgendwann aber erreicht mich ein Anruf von der unu-Technik direkt. No more customer service, baby, jetzt wird’s ernst! Mir wird ein Tausch des Steuergeräts angeboten. Ich merke an, dass ich 99% sicher bin, dass das nichts helfen wird, u.a. weil ja schon der komplette Roller getauscht wurde und es schon extremst unglücklicher Zufälle bedürfe, dass ich bei zwei unabhängigen Geräten das selbe einzigartige Problem finden sollte, aber ich sage auch nicht nein zu einem neuen Steuergerät.

Mehr dazu im nächsten Teil – wer auf den weiteren Verlauf wetten möchte, soll das gerne tun.

5 Replies to “Erfahrungsbericht unu Scooter – Teil 4: Probleme über Probleme”

  1. Laut Elektroroller-Forum bist du längst nicht mehr alleine mit deinem Beschleunigungsproblem und dem “Überhitzten” Akku . Das Thema scheint nun vermehrt aufzutreten.

    By the way: nach lächerlichen 7km und ein bisschen Sonne ein überhitzter Akku ?!?! Unfassbar. Das kann nicht sein. Und dann beim Austauschgerät wieder das gleiche Problem – was geht bei unu ab? Die haben doch angeblich Zehntausende Testkilometer gefahren mit den Prototypen.

    1. Ja, es hat m.M.n. auch nichts mit der Überhitzung zu tun, das war nur mein allererster Gedanke. Es trat dann aber auch bei kühlem Wetter auf etc. – die Ursache liegt in der Akku-Kapazität: Der Akkupack liefert 50V, der Motor zieht 4kW Spitze, d.h. der Innenwiderstand der Batteriezellen wird bei niedrigem Batteristand einfach zu hoch. Der zweite Akkusteckplatz wurde stillschweigend wegrationalisiert – mit dem würde auch die Leistung besser und die Batterielebensdauer verlängert. Das ganze Ding ist leider mit heißer Nadel umgestrickt.

    1. Das Problem trat bei mir und anderen im Forum auch auf, wenn der Akku “kalt” war. Aber natürlich kann Überhitzung auch andere Probleme auslösen.

  2. Ich fahre einen unu-Classic mit dem ich grundsätzlich auch zufrieden war – eine tolle eMobilität in der großen Stadt.
    ABER: im Februar war die Steuereinheit defekt (klar: kein Garantiefall). Dass es aber ein HALBES Jahr und unzähligen Nachfragen durch mich und dem Werkstattpartner (der wiederum super war) bedurfte bis ich wieder einen fahrbereiten Roller hatte – dass dieser seitdem deutlich in der Geschwindigkeit reduziert ist – dass ich wieder mit automatisierten Antworten, Textbausteinen und inhaltlich nicht nachvollziehbaren bzw. klar widerlegbaren Antworten abgespeist wurde: UNSAGBAR!
    Selbst wenn ich vom Konzept überzeugt bin kann ich nur warnen: Finger weg vom unu – sucht euch einen Roller wo ihr als Kunde mit euren Belangen (und dem gezahlten Geld) ernst genommen werdet….

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