Touch&Travel ist ein Dienst der Bahn, mit dem man einfach per Smartphone Tickets für Züge der Bahn sowie ausgewählte Nahverkehrsverbünde kaufen kann. Es ist bequem: Man startet die App am Ausgangspunkt der Reise, wählt die Starthaltestelle, und beendet am Fahrtziel das Tracking durch Auswahl der Zielhaltestelle. Man erfährt sofort den Preis für die Fahrt, und mehrere Einzelfahrten werden wo möglich z.B. zu Tageskarten zusammengefasst. Man muss sich weder mit Automaten noch mit Kleingeld befassen und nicht für jede Stadt eine eigene Handyticket-App suchen – sehr praktisch also.
Ich nutze es seit geraumer Zeit im Tarifgebiet der BVG und für Fahrten zwischen Hamburg und Berlin und bin bisher recht zufrieden gewesen. Mit dem letzten Update sieht die App auch nicht mehr ganz so arg nach Prototyp aus. Wie es sich aber für eigentlich coole Projekte in eher bürokratischen Corporates gehört, kommt hinter der dünnen Firnis der Innovation dann doch gelegentlich der seelenlose Kern zum Vorschein.
So schreibt mir Touch&Travel zu einer Fahrt von Berlin nach Hamburg:
Sehr geehrter Herr Bauer,
während Ihrer Fahrt mit Touch&Travel am … (Fahrt-ID: …) war Ihr Mobiltelefon (zeitweise) nicht sende- und/oder empfangsbereit. Dies ist der Fall, wenn das Gerät während der Fahrt ausgeschaltet wurde, der Akku leer war oder der Flugzeugmodus aktiviert wurde.
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass ein sende- und empfangsbereites Mobiltelefon Voraussetzung für die Nutzung von Touch&Travel ist.
Bitte berücksichtigen Sie dies für Ihre zukünftigen Fahrten.
Um es nochmal klar zu sagen: Ein Unternehmen der Deutschen Bahn sendet mir eine Mail zu einer Fahrt mit einem Fernverkehrszug der Deutschen Bahn, der mit metallbedampften Scheiben und ohne funktionierenden Datenfunkrepeater ohne weiteren Halt von Berlin nach Hamburg fährt – weil mein Smartphone zwischenzeitlich keinen Empfang hatte?
Das ist doch albern.
Nicht, dass der Gedanke komplett bescheuert wäre – theoretisch gibt es eine Möglichkeit zum Missbrauch des Dienstes, wenn ich das Tracking meines Standortes durch Abschalten meines Telefons oder durch den Flugzeugmodus verhindere. Aber wie bei allen Arten von Kundenkommunikation, besonders bei solchen „Ermahnungen“, sollte Augenmaß gelten.
So wusste die Bahn bei dieser Fahrt, wann ich von wo abgefahren bin und wie schnell ich mich auf welcher Strecke bewegt habe. Selbst wenn ich zwischendurch eine Stunde offline gewesen wäre, hätte ich das System nicht gamen können, die Mail ist also unnötig.
Wenn ich in der Stadt eine Weile offline bin, könnte ich vielleicht eine Rund- oder Rückfahrt verstecken, der Schaden wäre dann z.B. in Berlin im Bereich von ein paar Euro anzusiedeln. Auch das wäre meiner Ansicht nach keine solche Mail wert, denn sie beschädigt das Verhältnis zum Kunden.
Alleine, wenn solche Probleme gehäuft festgestellt werden, sollte der Anbieter aktiv werden. Und selbst dann ist es viel besser, die Mail konstruktiv zu formulieren: „Es scheint, als haben Sie Verbindungsprobleme. Können wir Ihnen helfen?“ statt „Vielleicht wollten Sie schummeln. Hier ist die bürokratendeutsche Aufforderung, das zukünftig zu unterlassen.“
Liebe Bahn, überlegt euch doch nochmal den Sinn dieser Mails.
PS: Und installiert doch mal bessere Repeater in den ICEs.