Sag zum Abschied leise Poke

Deactivating your account will disable your profile and remove your name and picture from most things you’ve shared on Facebook. Some information may still be visible to others, such as your name in their friends list and messages you sent.

Nach einigen Komplikationen habe ich heute vormittag um 11:08 Uhr meinen Facebook-Account stillgelegt. Vorher musste ich für alle möglichen Facebook-Gruppen, die ich schon lange vergessen hatte, neue Admins bestimmen, und meine entwickelten Facebook Apps transferieren oder löschen. Außerdem musste ich mich natürlich über die Chuzpe von Facebook wundern, die mir bei jedem Laden der Seite fünf Bilder von Freunden mit der Überschrift „… will miss you“ zeigen und sich auch nicht zu schade für die Behauptung sind, dass meine „1,253 friends will no longer be able to keep in touch“, oder dafür, von mir eine Begründung für die Deaktivierung („No.“) zu verlangen.

Ein wenig erinnert es an die passiv-aggressive Maschinenintelligenz GlaDoS aus dem Spiel „Portal“, nur subtiler. Du möchtest deinen Facebook-Account deaktivieren? Denk doch nur an all die schönen Zeiten mit deinen Freunden. Du möchtest wirklich deinen Facebook-Account deaktivieren? Niemand wird mehr mit dir kommunizieren! Du möchtest immer noch deinen Facebook-Account deaktivieren? Was ist mit diesen Fotoalben, die du hochgeladen hast, willst du die wirklich der Welt vorenthalten? Und die ganzen Bilder, in denen deine Freunde dich mühevoll markiert haben? Du möchtest deinen Facebook-Account deaktivieren? Geh doch. Du wirst schon sehen, was du davon hast. Freunde jedenfalls nicht mehr!

Facebook ist ein Werkzeug, aber es ist auch eine Ablenkung. Tausend Dinge buhlen um Aufmerksamkeit, und um irgendwas relevantes im Stream zu finden, kämpft man gegen die Strömung – Milliarden von Buzzfeed-Links, „Inspirational Graphics“, Hervorgewürgtes aus den Circle-Jerk-Kanälen des Internets. Gelegentlich dann mal persönliche Informationen, meaningful interaction. Aber so nützlich Facebook gelegentlich ist, hat es immer auch den Nebeneffekt, dass Menschen, die Inhalte auf Facebook teilen, diese meist nicht noch auf offenen Kanälen teilen. Selbst als passiver Konsument auf Facebook bestärke ich den Netzwerkeffekt des Walled Gardens.

Ein Freund sagte, Facebook sei eine Kneipe, ein kommunaler Ort der plätschernden Kommunikation – man bekommt mit, was die anderen so tun. Aber Facebook ist keine Kneipe und kein kommunaler Ort, Facebook ist ein exklusiver Club mit Spiegelfolie an den Glasfronten und fiesen Türstehern, vor denen man sich erst mal ausziehen muss, und drinnen bekommt man dann freie Getränke, wird dafür aber dauernd von irgendwelchen Leuten genervt oder befummelt.

Meine neuen alten Kneipen sind öffentlich zugänglich, im Sinne von offenen Protokollen und Servern: Mail, Jabber, IRC.

Per Mail und per Jabber/XMPP erreicht ihr mich unter moeffju@moeffju.net, meine GPG-Key-ID ist 0x79ACF996. Im IRC bin ich als moeffju auf irc.freenode.net, irc.hackint.org, irc.ubermutant.net und im IRCnet zu finden. SMS laufen über TextSecure. Außerdem probiere ich grade Threema aus, meine ID ist A2ZTKH3Z. So lange die aber nicht ihren Code offenlegen und eine Desktop-Version bauen, sehe ich da keine große Zukunft für. Schließlich spiele ich grade mit Telegram rum, aber deren Idee von Kryptographie ist komplett hanebüchen (wenn auch besser als WhatsApp), deshalb auch nicht verlinkt. Noch bin ich auch auf Hangouts, Skype, WhatsApp, und Co. zu finden, werde diese Dienste aber nach und nach verlassen und durch offene Alternativen ersetzen.

Your 1,253 friends will no longer be able to keep in touch with you.

Nein, Facebook, meine Freunde sind klüger und besser als das.

In diesem Sinne: Poke.

12 Replies to “Sag zum Abschied leise Poke”

  1. Schön geschrieben und ich kann es irgendwie nachvollziehen. Jetzt musst du nur noch den FB-Link auf der Hauptseite entfernen. 😉

  2. Erstens finde ich diesen Schritt von dir konsequent. Zweitens finde ich ihn auch mutig: Nicht auf Facebook auffindbar und gelegentlich aktiv zu sein ist – zumindest derzeit, das wird sich aber sicherlich ändern – ja tatsächlich eine Art von "modernem Einsiedlertum". Nicht, dass es schlecht wäre, Einsiedler zu sein. Aber ich denke, das ist nicht deine primäre Absicht mit diesem Schritt gewesen (was du hier ja auch ausführlich dargelegt hast). Du entziehst dich ja freiwillig der Masse deines Umfeldes, das nehme ich jetzt einfach mal aufgrund der Wahrscheinlichkeit an. Das ist es, was ich mutig finde. Und auch fortschrittlich und zu einem gewissen Maß seiner Zeit voraus: Natürlich wird es eine Zeit ohne Facebook geben, allein schon, weil der nächste Platzhirsch irgendwann nachrücken wird. Und auf dem Weg weg von Facebook müssen Menschen Schritte tun, nämlich sich woanders vernetzen, und diese begehst du hier in gewisser Weise als Vorreiter. Chapeau!

  3. @Michael_Nordmeyer Google gebe ich aber keine Inhalte. Ich habe keine Google-Feed, kein soziales Netzwerk auf Google, kurz gesagt – es ist was völlig anderes. Die Bereiche, wo Google meine Datenhoheit bedroht, liegen nicht mehr bei Google: E-Mail läuft über meinen eigenen Server, Kontakte und Kalender werden regelmäßig synchronisiert, und Google Drive ist nur ein Dienst für Kollaboration, aber die Daten liegen auch an anderen Stellen.

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